Bernburg. Patientinnen und Patienten mit Borderline-Störung können sich im Salus-Fachklinikum Bernburg weiterhin auf eine qualitätszertifizierte Behandlung nach dem Konzept der Dialektisch Behavioralen Therapie (kurz: DBT) verlassen. Mit einem erfolgreich absolvierten Audit haben die stationär und ambulant tätigen Teams kürzlich das Gütesiegel des DBT-Dachverbandes verteidigt.
Dafür fand nach der Erstzertifizierung vor mehr als einem Jahr erstmals eine zweitägige Prüfung vor Ort statt, bei der eine akkreditierte DBT-Auditorin die therapeutische Anwendung vor Ort tiefgründig „unter die Lupe“ nahm und u.a. bei der Gruppenarbeit hospitierte. Bei der DBT handelt sich dabei um ein wissenschaftlich fundiertes psychotherapeutisches Konzept zur Behandlung von Menschen, die von der Borderline-Störung betroffen sind. Das Verfahren kann auch bei anderen psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, die mit starker emotionaler Instabilität einhergehen.
Die Zertifizierung im Fachklinikum Bernburg bezieht sich auf die stationäre DBT-Behandlungseinheit mit 18 Plätzen sowie auf das entsprechende Therapieangebot der psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) mit 16 Plätzen. Auf Basis dieser Kapazität und der fachlichen DBT-Expertise konnten im Jahr 2024 beispielsweise 183 Borderline-Betroffene stationär und 32 ambulant durch Gruppen- und Einzeltherapien unterstützt werden, innere Krisenzustände abzubauen und Strategien zu trainieren, mit denen sie ihre Gefühle besser akzeptieren und bei Bedarf auch regulieren können.
„Wir freuen uns sehr, dass unsere Kompetenz und Erfahrung weiterhin diese wertvolle Anerkennung, das ist eine großartige Teamleistung“, verweist die Ärztliche Direktorin Dr. Antje Möhlig auf die intensive Arbeit, die mit dem Erwerb und der Aufrechterhaltung der DBT-Zertifizierung verbunden ist. Dabei sind anspruchsvolle Kriterien zu erfüllen. Sie beziehen sich u.a. auf konzeptionelle Grundlagen, die Besetzung mit qualifiziertem Personal, Behandlungskapazitäten und Mindestfall-zahlen. Ebenso ist die Kombination multimodaler Therapiebausteine nachzuweisen, darunter DBT-Einzel- und Gruppentherapien sowie angeleitete Selbsthilfe-Stunden. Auch regelmäßige Besprechungen im Behandlungsteam, Weiterbildungen und Supervision werden vorausgesetzt. „Zugleich ist zu berücksichtigen, dass die Umsetzung des DBT-Konzepts nicht nur fachlich-methodische Qualifikationen erfordert. Genauso wichtig ist eine gemeinsame therapeutische Grundhaltung, die von Empathie und Wertschätzung gegenüber den Patienten getragen wird“, beschreibt sie den Aufbau von motivierten Behandlungsteams als Prozess, der vor allem vom Bestreben um wirksame Hilfen für Borderline-Betroffene geprägt ist. „Menschen mit dieser oftmals schwer und quälend verlaufenden psychischen Erkrankung haben es nach wie vor unglaublich schwer, eine psychotherapeutische Behandlung zu finden, die auf ihre Bedürfnisse und Probleme zugeschnitten ist“, macht Frau Dr. Möhlig auf eine mangelhafte Versorgungssituation aufmerksam. Vor diesem Hintergrund bewähre sich das vernetzte DBT-Behandlungskonzept, wie es im Fachklinikum Bernburg mit stationären, tagesklinischen und ambulanten Angeboten entwickelt wurde. Um die Methode regional noch tiefer zu verankern, werde der Kontakt zu anderen Behandlern und psychosozial tätigen Institutionen u.a. im Rahmen von jährlichen DBT-Netzwerktreffen gepflegt, das in diesem Jahr am 19. März stattfindet (Verlinkung). „Wir sind inzwischen nicht nur in unserer Versorgungsregion, sondern auch für Patientinnen und Patienten aus angrenzenden Bundesländern zu einem wichtigen An-laufpunkt geworden. Das erfolgreich verlaufene Team-Audit ist auf diesem Weg ein weiterer Meilenstein, der uns bestärkt.“
Ein Team-Audit findet im Wechsel mit einer Team-Konsultation jedes Jahr durch eine vom DBT-Dachverband akkreditierte externe Fachkraft statt. Die alljährlichen Überprüfungen dienen dazu, dem Team und der Klinik zu helfen, die strukturelle und inhaltliche Behandlungsqualität kontinuierlich aufrecht zu erhalten und weiter zu verbessern.
Die Einladung und das Programm zum 4. Bernburger DBT-Netzwerktreffen am 19. März 2025 finden Sie hier.
Eine Informationsveranstaltung über Borderline-Störungen für alle Interessenten findet am 18. März 2025 um 17:00 Uhr im Fachklinikum Bernburg statt. Detaillierte Angaben dazu finden Sie hier.
Kurz informiert
Im Zentrum der Bordeline-Erkrankung steht eine gestörte Affektregulation. Sie geht mit hoher emotionaler Verletzbarkeit, extremen Gefühlsschwankungen und Selbstwertproblemen einher. Die Beziehungen zu anderen Menschen sind häufig durch Verlustängste, Trennungen und Wiederannäherungen belastet. Betroffene leiden unter unerträglichen Anspannungszuständen, die sie z. B. durch Selbstverletzung oder Fremdaggressivität beenden. Vielfach fühlen sich die zumeist jungen Patientinnen und Patienten innerlich leer, werden von Scham-, Schuld- und Ohnmachtsgefühlen beherrscht.
Was die Ursachen der Borderline-Störung betrifft, geht man heute von einem biopsychosozialen Zusammenwirken von genetischen Faktoren und umweltbezogenen Einflüssen wie z. B. frühen seelischen Verletzungen aus. Der Langzeitverlauf kann, wie Studien belegen, durch störungsspezifische Psychotherapie-Verfahren positiv beeinflusst werden. Dabei eröffnet insbesondere die DBT nach Marsha Linehan gute Chancen auf einen Zugewinn an Lebensqualität: Betroffene lernen, mit den emotionalen Extremen zwischen Hoch und Tief, Nähe und Distanz, mitunter sogar Leben und Tod besser umzugehen. Dafür werden in der DBT-Therapie Fertigkeiten, sogenannte Skills, vermittelt. Sie helfen und bestärken, die inneren Krisenzustände abzubauen, ohne sich selbst oder andere zu schädigen. Es werden Strategien trainiert, mit denen die Patient*innen lernen können, ihre Gefühle im ersten Schritt zu akzeptieren und bei Bedarf auch zu regulieren. Zu weiteren Therapiezielen gehören zumeist die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen und die Stärkung des Selbstwertgefühls.