Nick Pavel | Leitung Sporttherapie Maßregelvollzug Uchtspringe

Wie und wann sind Sie zur Salus gekommen?

Das war eigentlich eher ein Zufall. Ich war auf der Suche nach einer neuen Arbeit und habe die Stellenausschreibung gesehen und mich beworben. Vorher konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, wie das Arbeiten im Maßregelvollzug ist und ehrlich gesagt wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass es so eine Einrichtung überhaupt gibt. Dann habe ich 2006 in der Sporttherapie angefangen und mich von Anbeginn wohl gefühlt.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Wir bieten verschiedene Groß- und Kleinspiele an. Dazu gehören klassische Teamsportarten wie Volleyball, Fußball und Basketball oder Individualsport wie Tennis, Fitness und auch Trends wie Bodyweight – dabei trainieren wir ohne Geräte, nur mit dem eigenen Körpergewicht. Mit der Sporttherapie schaffen wir für unsere Patientinnen und Patienten einen Ausgleich zu ihrem Stationsalltag. Zum einen ist die Struktur, die sie damit erlangen können, wichtig und zum anderen die allgemeine Gesunderhaltung und natürlich die soziale sowie psychische Wirkung. Es ist zunächst ein offenes Angebot, das von vielen angenommen wird – gern auch nach 16 Uhr im Anschluss an die Arbeitstherapie. Am Standort Uchtspringe arbeiten wir zu fünft und haben zwei weitere Kolleginnen in der Außenstelle in Lochow. Zum Arbeitsalltag gehört also auch der Austausch mit den Teamkollegen und seit zwei Jahren habe ich als Teamleiter diesbezüglich noch mehr koordinative Aufgaben. Darüber hinaus arbeiten wir mit anderen Berufsgruppen, wie Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen und Psychologen, dem Sozialdienst, der Pflege, der Ergotherapie usw. zusammen. Wir unterstützen uns gegenseitig und wirken gemeinsam zum Wohle der Patienten. Wir betrachten die Patienten ganzheitlich. So zum Beispiel in Behandlungsplan-Konferenzen, in denen jede Berufsgruppe ihr Feedback gibt. Damit sieht man die Patienten auch aus einer anderen Sicht, kann hören, wie sie sich in anderen Settings verhalten. Das ist wirklich wertvoll für alle im Team.

Wie hat sich die Sporttherapie in den vergangenen Jahren verändert?

Verändert hat sich die Anzahl der Sportstunden, aber insbesondere auch die Ausrichtung der Therapie. Es geht nicht mehr um rein funktionelle Aspekte. Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse wird zunehmend der Bereich Psychomotorik vordergründiger also die Bedeutung von Bewegung für unsere Psyche. Wir haben die Möglichkeit, mehr Gruppentherapieformen anzubieten. Das sind unter anderem Anti-Gewalt-Training, Emotionsregulationstraining oder auch Erlebnispädagogik. Kanutouren, ein Besuch im Kletterpark, eine Wanderung auf den Brocken sind zum Beispiel erlebnispädagogische Projekte die wir mit Patienten entsprechender Lockerungsstufen wiederkehrend umsetzen, ebenso wie Vergleichswettkämpfe mit anderen Maßregelvollzügen. Damit können wir viel Interaktion und Vertrauensbildung in den Fokus der Therapie stellen.

Sie strahlen aus, dass Sie gern bei der Salus arbeiten. Warum?

Für mich hat von Anfang an Vieles gepasst. Die Arbeitsbedingungen stimmen und haben sich in den Jahren immer weiterentwickelt, sei es die Bezahlung nach Tarif, die Arbeitszeit von 38,5 Stunden, aber auch Angebote der Gesundheitsförderung der Mitarbeitenden. Die Arbeit mit den Patienten bleibt spannend und es zeigen sich immer wieder neue Herausforderungen, die ich gern angehe. Die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team macht wirklich Spaß und auch die Rolle der Teamleitung, die ich seit zwei Jahren habe, brachten Entwicklungsmöglichkeiten mit sich.

Gern wollen wir Vorurteilen gegenüber der Arbeit im Maßregelvollzug ein Stück weit entgegenwirken. Eines der häufigsten ist wohl das mögliche fehlende Sicherheitsgefühl bei der Arbeit. Wie denken Sie darüber?

Diese Bedenken kann ich nachvollziehen, vor allem, wenn man noch nie in einem Maßregelvollzug war und wenig Vorstellung davon hat. An meinen ersten ein, zwei Arbeitstagen hatte ich das auch im Hinterkopf. In der Realität ist es aber so, dass das Gefühl von Unsicherheit tatsächlich sehr schnell weg ist. Man bekommt mit, dass die Delikte nur einen Teil der Menschen ausmachen und so viel mehr zu ihnen dazugehört. In seiner täglichen Arbeit lernt man so viele Seiten der Patienten kennen. Im Maßregelvollzug hat man die Möglichkeit, die Menschen über einen langen Zeitraum zu begleiten und sieht so viele Entwicklungen. Das und auch die Erfahrung sorgen dafür, dass man gut einschätzen kann, wie die Patienten ticken und ich hatte noch nie das Gefühl von Angst oder Unsicherheit. Dazu kommen wirklich hohe Sicherheitsvorkehrungen. Zum Beispiel haben alle Mitarbeitenden ein Alarmgerät bei sich. Sollte es zu Problemen kommen, können sie sofort Alarm auslösen, andere Berufsgruppen kommen dazu und unterstützen bei der Deeskalation. In 15 Jahren habe ich einmal diesen Alarm ausgelöst und gemeinsam mit meinen Kollegen konnten wir die Situation gut lösen. Ich denke, wenn man mit Respekt und Verantwortung sowohl den Patienten als auch der Sache gegenübertritt, ohne, dass Routine die nötige Achtsamkeit gefährdet, kann der Maßregelvollzug ein interessantes und angenehmes Arbeitsfeld sein.

Gibt es ein Erlebnis, das für Sie besonders einprägsam war?

Ein bestimmtes Ereignis fällt mir da nicht ein. Beeindruckend finde ich aber immer wieder, dass es Patienten gibt, die sich wirklich erstaunlich entwickeln. Ich erinnere mich da an Menschen, die zu Beginn vollkommen in sich gekehrt waren und nach Jahren selbstbewusst und kommunikativ aufgetreten sind. Da entsteht so viel Interaktion und auch sportlich legen einige Patienten zu und lernen eine bessere Einstellung sich selbst und anderen gegenüber zu haben.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen?

Herausfordernd kann es sein, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern für die Sporttherapie zu motivieren. Das sind zum Beispiel Menschen mit Schizophrenie, da sie recht antriebsarm sein können. Mit der steigenden Patientenzahl sehe ich es außerdem als Herausforderung, die Qualität der Sporttherapie aufrechtzuerhalten. Diese Herausforderungen machen den Beruf aber eben auch spannend.

Beschreiben Sie Ihren Job bitte in drei Worten.

Sportlich. Kreativ. Verbindend.